Von 390 Gramm bis zum Leben – Dr. Haftel zeigt, wie Neonatologie Leben rettet und Herzen bewegt

02. Dezember 2024

Mit einem inspirierenden „Reach Higher“-Vortrag am UMCH Campus in Hamburg entführte Dr. med. Lior Haftel die Studierenden in die faszinierende Welt der Neonatologie. Der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Evangelischen Krankenhaus Lippstadt beleuchtete in seinem Vortrag „The Fascinating World of Neonatology: A Dream Comes True“ nicht nur die beeindruckenden medizinischen Fortschritte dieses Fachgebiets, sondern sprach ebenfalls über die ethischen, moralischen und menschlichen Herausforderungen, die mit der Betreuung von Früh- und Neugeborenen einhergehen.

Dr. Haftel, ein Spezialist für die Betreuung der kleinsten und verletzlichsten Patienten, betonte, dass die Neonatologie weit über die rein medizinische Versorgung hinausgeht. Mit spürbarer Leidenschaft für sein Fach erklärte er: „In der Neonatologie sind es immer drei Patienten, um die wir uns kümmern – das Kind und seine Eltern.“ Diese Aussage unterstreicht, wie viel Verantwortung in diesem sensiblen Bereich der Medizin liegt, bei dem nicht nur das körperliche Wohl, sondern auch die emotionale Unterstützung der Familie im Fokus steht.

Ein eindrucksvolles Beispiel aus seiner Laufbahn verdeutlichte die Möglichkeiten und Herausforderungen moderner Neonatologie. Dr. Haftel berichtete von einem Baby, das 2022 in der 23+0. Schwangerschaftswoche geboren wurde – mit einem Gewicht von nur 390 Gramm. Die Eltern, voller Zweifel, ob ein würdiges Leben möglich sein würde, erfreuen sich heute über ihr glückliches, aktives und strahlendes Kind. Dr. Haftel nutzte diesen Fall, um den Studenten zu zeigen, wie die Neonatologie an der Grenze zur Lebensfähigkeit arbeitet und welche moralischen, kulturellen und religiösen Fragen oft im Raum stehen. Die Balance zu finden zwischen einem würdevollen Abschied und der Chance auf ein lebenswertes Leben ist ein schmaler Grat, den Neonatologen täglich beschreiten müssen.

Die Fortschritte in der Neonatologie, stehen im Mittelpunkt dieses faszinierenden Fachbereichs. Vor rund 70 Jahren kam der erste Säuglingsinkubator auf den Markt, betrachtet man die Entwicklung zu den heutigen Inkubatoren liegen hier bereits Welten dazwischen. Dr. Haftel erzählte von den Anfängen der modernen Neonatologie, als der Sohn von John F. Kennedy 1969 an einem Atemnotsyndrom (RDS) starb, einer damals kaum erforschten Erkrankung. Die Spende von einer Million Dollar durch die Kennedy-Familie legte den Grundstein für die Forschung, die heute innovative Behandlungsansätze wie die Anwendung von Surfactant und CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) hervorgebracht hat. Diese Techniken ermöglichen es, Frühgeborene ohne invasive Beatmung zu behandeln, und retten weltweit unzählige Leben.

Trotz aller technischen Fortschritte betonte Dr. Haftel, dass Maschinen allein nicht ausreichen. „Babys brauchen mehr als Technik,“ erklärte er und hob die Bedeutung von Nähe, Berührung und Liebe hervor. Das sogenannte „Känguruing“, bei dem Eltern ihr Frühgeborenes eng am Körper halten, zeigt eindrucksvoll, wie wichtig menschliche Zuwendung ist. Studien bestätigen, dass diese Nähe die Herzfrequenz stabilisiert und die Genesung fördert. „Was Babys wirklich brauchen, ist eine menschliche Berührung,“ erklärte er mit Nachdruck.

Bei den Humanmedizinstudierenden des UMCH hinterließ dieser Vortrag nachhaltige Eindrücke und sorgte für Begeisterung. Die Mischung aus bewegenden Geschichten, fundierten medizinischen Fakten und tiefgreifenden ethischen Fragestellungen fesselte die Anwesenden und verdeutlichte die Vielschichtigkeit und Bedeutung der Neonatologie. Dr. Haftel zeigte eindrücklich, wie sich Beruf und Berufung in diesem sensiblen Fachgebiet vereinen lassen, und betonte, dass Fortschritt und menschliche Fürsorge untrennbar miteinander verbunden sind.

Diese einzigartige Möglichkeit, bereits zu Beginn des Medizinstudiums an solch inspirierenden Vorträgen teilzunehmen, unterstreicht das Engagement des Netzwerks des UMCH, die nächste Generation heranwachsender Ärztinnen und Ärzte nicht nur fachlich, sondern auch emotional und ethisch zu fördern. Solche Impulsvorträge öffnen den Studierenden neue Perspektiven und wecken eine Leidenschaft für die Medizin, die über das reine Lernen hinausgeht. Sie dienen als Wegweiser, um die Herausforderungen und Verantwortungen dieses Berufs zu erkennen und gleichzeitig die Leidenschaft für das Helfen und Heilen zu stärken.